Robinson Crusoe auf dem Mars – Gravity – Crossover

Andy Weir

Der Marsianer
„The Martian“


Heyne Verlag

ISBN: 978-3453315839


Ich bin so was von im Arsch.
Das ist meine wohlüberlegte Meinung.
Im Arsch.
Sechs Tage nach Beginn der vermeintlich großartigsten zwei Monate meines Lebens setzte der Albtraum ein.
Ich weiß nicht, wer dies überhaupt lesen wird. Vermutlich wird es irgendwann einmal jemand finden. Vielleicht in hundert Jahren.
Für die Akten: ICH BIN NICHT AN SOL 6 GESTORBEN. Die anderen Crewmitglieder dachten dies sicherlich, und das kann ich ihnen nicht zum Vorwurf machen. Vielleicht gibt es einen nationalen Trauertag für mich, und auf meiner Wikipediaseite kann man es nachlesen:
„Mark Watney ist der einzige Mensch, der je auf dem Mars gestorben ist.“


So beginnt der SF-Roman „Der Marsianer“ von Andy Weir, der die Geschichte des NASA Astronauten Mark Watney erzählt.
Kurz und prägnant in einen Satz zusammengefasst könnte man sagen, Robinson Crusoe auf dem Mars.
Aber war da nicht schon einmal so eine Geschichte? Ja richtig! Es gab da mal einen Film in den 50ern 🙂 🙂 Nein, nicht richtig, es war 1964 als der Film „Notlandung im Weltraum“ in die Kinos kam, der dann später unter dem Titel „Robinson Crusoe auf dem Mars“ im Fernsehen lief. So richtig mit Freitag und allem was da sonst noch so dazugehört und die SF Filme in den 50ern und 60ern so interessant machte. Aber zurück zum Buch.
Mark Watney, Biologe und Ingenieur, Crewmitglied Nr. 6 der dritten Marsexpedition Ares III, wird von seinen Crewmitgliedern auf dem Mars nach einem Notstart zurückgelassen, da sie annehmen er sei tot. Aber dem ist nicht so.
So sitzt er nun in der Wohnkuppel auf unserem unwirtlichen Nachbarplaneten fest. Zwar funktionieren alle lebenserhaltenden Systeme, wie die Energieversorgung, Wasseraufbereitung und die Sauerstoffherstellung, aber er hat keine Kommunikationsmöglichkeit mit dem Rest der Menschheit, da die Antennenanlage zerstört ist. Am schlimmsten sind allerdings die begrenzten Nahrungsmittelvorräte. Denn eine Rettungsmission würde über ein Jahr dauern, sollte man je entdecken, dass er noch am Leben ist.
Andy Weir beschreibt nun im Stil eines Logbuchs den Überlebenskampf von Mark Watney gegen die Zeit, gegen die mörderischen Umweltbedingungen auf dem Mars (der anscheinend persönlich etwas gegen den Astronauten hat) und gegen die Tücken einer ausgefeilten aber doch anfälligen Technik. Und dies nicht nur auf dem Mars. Nachdem die NASA entdeckt hat das Watney noch lebt und dieser durch die Reaktivierung der alten Pathfindersonde wieder mit dem Rest der Welt kommunizieren kann, beginnt auf der Erde der Versuch, den Verschollenen mit allen erdenklichen Mitteln zu retten. Aber auch hier geht einiges schief.

Der Autor schafft es einerseits durch eine klare, manchmal fast schon zu technische Sprache, und andererseits durch humoristische Einlagen, den Leser zu fesseln und mit auf die lange Heimreise von Mark Watney zu nehmen. Und diese Heimreise wird nicht nur lange dauern (über 500 Marstage – auch Sol genannt), sondern um gerettet zu werden muss er zum Landegebiet der nächsten Marsmission Ares IV, und selbiges ist 3500 km entfernt.
Andy Weir, seit seinem 15ten Lebensjahr Softwareentwickler (u.a. bei Blizzard und dort bei Warcraft 2), lebt in Kalifornien und schreibt seit er 20 ist. Er verfasste zuerst nur Kurzgeschichten, z.B. The Egg (zu der es Kurzfilme bei You-Tube gibt). Für den Marsianer, seinen ersten Roman, betrieb er genaueste Recherchen zu allen technischen Details und schrieb selbst ein Programm für Bahnberechnungen.

Anfangs erschien der Roman in Abschnitten als kostenlose Serie auf seiner Homepage, doch dann war die Nachfrage so groß, dass eine Kindle-Edition im Selbstverlag für 99 Cent verkauft wurde. Nachdem der Roman die Spitze der Online SF-Romanverkäufe erreicht hatte (35.000 Exemplare in 3 Monaten), verkaufte Weir die Buchrechte an den Crown Verlag und die Filmrechte an 20th Century Fox. Am 25. November diesen Jahres soll die Verfilmung von Ridley Scott, mit Matt Damon als Mark Watney, in die Kinos kommen. Die Produzenten hoffen genauso erfolgreich wie Gravity zu werden.

Doch Obacht! Was bei Gravity mit Sandra Bullock so toll funktioniert hat, eine Odyssee im Weltraum mit allen Facetten packend auf die Leinwand zu bringen, muss bei „Der Marsianer“ nicht zum gleichen Ergebnis führen. Denn Gravity erzählt seine Geschichte fast in Echtzeit. Die Robinsonade von Mark Watney in 2 Stunden zu erzählen halte ich für unmöglich.

Aber auch „Der Herr der Ringe“ galt vor Peter Jackson als nicht verfilmbar.

Der Marsianer von Andy Weir, ein SF-Roman für alle die Daniel Defoe’s Robinson Crusoe mochten, und mehr Science als Fiction lesen wollen, so schreibt das Wall Street Jounal: „The best pure SciFi novel in years.“ 

Von mir 9.5 von 10 Punkten.

 


16.04.2015 JR