Für Kurzentschlossene: Eintauchen ins phantastische Japan

Unsere Vereinsmitglieder Graciela und Angela haben der Ausstellung mit dem Titel „Von Zauberwesen, Ungeheuern & Gespenstern“  im Museum Ulm mehr als einen Besuch abgestattet und lassen uns an ihren Eindrücken teilhaben. Das Museum hat die Ausstellung noch bis zum 10.03.2019 verlängert – eine letzte Möglichkeit sich verzaubern zu lassen gibt es also noch an diesem Wochenende!



Als mir der Titel „Von Zauberwesen, Ungeheuern & Gespenstern“ ins Auge sprang, dachte ich: „Das klingt doch nach etwas für die Übermorgenwelt“… Dann forschte ich nach. Es war der Titel einer Ausstellung im Ulmer Museum über Japanische Holzschnitte des18. & 19. Jh. – ok, vielleicht doch nicht wirklich für Übermorgenweltler, sondern eher etwas für Kunst/Japanliebhaber …
Als  Bewunderer von Utamaro, Hokusai, Hiroshige & Co. zog es mich in die Ausstellung und so haben Angela und ich uns die Werke, man muss sagen: die Meisterwerke, zusammen angeschaut.
Fazit: Phantastisch! Selbst wer nicht viel mit diesen unglaublichen Drucken und seiner Qualität anfangen kann (und sich auch nichts unter Kabuki vorstellen kann): diese Geister- & Monstersammlung ist sehenswert! In jedem Bild ein Unwesen mit einer Geschichte, Sage, einem Märchen, so vielfältig, so gruslig und z.T. auch wunderbar absurd.
Beispiel: Ein froschartiges böses Wesen, dessen Lebensflüssigkeit sich in einer Delle seines Kopfes befindet, kann man überlisten, indem man sich vor ihm verbeugt. Das Wesen liebt höfische Sitten und verbeugt sich deshalb entzückt ebenfalls, wodurch die Flüssigkeit, die ihm Leben und Kraft schenkt, ausläuft.
Vieles, wie auch bei unseren Märchen, Geschichten und bösen Wesen, ist ein Ausdruck von Ängsten & Moral.

Im zweiten Stock der Ausstellung wird es interessant für alle Manga und Anime Fans. Hier geht es um deren Ursprung und Anfänge, denn letzten Endes sind all jene Bilder aus den vorigen Jahrhunderten Vorbild für dieses Genre. Unter anderem kann man eine damals noch auf Folie gezeichnete Szene aus einem Film des Studio Ghibli bewundern oder auch einem der ersten Manga-Helden, Astro Boy, begegnen, der als Fernsehserie meine Kindheit begleitete. 
Am Schluss läuft man, eine Melodie aus Prinzessin Mononoke summend (ein Ausschnitt läuft begleitend in Endlosschleife auf einem Monitor), reich an Eindrücken aus der fantastischen Welt Japans, aus der Ausstellung.
Graciela


Ein paar Tage ist es schon her, dass wir uns die Holzschnitte angeschaut haben und vielleicht ist es auch ganz gut zwischen Bild und Niederschrift eine kleine Zeit verstreichen zu lassen, denn dann zeigt sich was an Eindrücken bleibt: Unglaublich detailreiche Holzschnitte und die Erinnerung an das eine oder andere Aha-Erlebnis.

So geht zum Beispiel aus den Bildern und erklärenden Ausstellungstexten hervor, dass in der japanischen Kultur nicht nur den Naturgewalten Geister innewohnen, sondern auch Werkzeugen. Das heißt die Idee von Transformer und Co. ist nicht neu, sondern im Grunde uralt.

Eine weitere Erkenntnis zeigte sich bei einer Bilderserie über den Erdbebenwels, der unter den japanischen Inseln haust und bei jeder seiner Bewegungen Erdbeben und Tsunamis auslöst. Im Grunde geht es in diesen alten Geschichten darum, eine Beziehung zu den naturgegebenen und zerstörerischen Elementen aufzubauen, um mit diesen irgendwie leben zu können. Oft werden sie auch aus diesem Grund verniedlicht dargestellt und bieten damit so eine Art Traumaverarbeitungsmöglichkeit.

Fast unheimlich und hellseherisch war im zweiten Stock eine Darstellung von Tsunami und radioaktiver Zerstörung, das einige Jahre vor dem Tsunamiereignis in Fukushima entstanden ist.

Insgesamt ist die Ausstellung überschaubar und die erklärenden Texte bringen einem die japanischen Denkweisen sehr anschaulich nahe. Aufgrund der großen Nachfrage wurde die Ausstellung bis zum 10, März verlängert und wer sich diese wundersamen Einblicke in eine fremde Welt noch gönnen möchte, sollte sich ein oder zwei Sunden Zeit nehmen, es lohnt sich. Der eine oder andere Eindruck mag sich geistergleich in unserer Welt ausbreiten wie auf dem Bild des Zeichners, der von dem Geist, den er gerade zeichnet, aus dem Bild heraus überrascht wird.
Angela