Die zerbrochene Puppe – Ik mai di gearn

Judith und Christian Vogt

Die zerbrochene Puppe

Verlag Feder & Schwert
ISBN:  978-3-86762-156-4
Naðan von Erlenhofen, Künstler und Ehemann von Æmelie von Erlenhofen muss hilflos mit ansehen, wie seine Frau wegen der Erfindung einer Brennstoffzelle getötet und von wandelnden Leichen, sogenannten Shellys, verschleppt wird. Bei diesem Erlebnis scheint das Bewusstsein des Künstlers einen schweren Schaden genommen zu haben denn von diesem Augenblick an spricht das letzte Erinnerungsstück an seine Frau, eine Puppe mit Porzellangesicht, zu ihm. 
Naðan begibt sich auf die einzige Spur, die in Venedig zu finden ist und fährt mit einem Luftschiff zur schwimmenden Stadt Æsta. Dieser düstere Ort ist auf einem Eisberg errichtet und hat seine ganz eigenen Gesetze, mit denen Naðan nach und nach in Kontakt kommt. Auch wenn er die sterblichen Überreste seiner Frau findet, ist die Lage doch erschütternd und aussichtslos. Die Odyssee, die ihn von Venedig nach Æsta brachte, führt ihn  weiter nach Helgoland zu den wilden Friesen und auch in den Harz in ein Versteck von Luftschiff-Piraten, ehe er endlich eine Chance auf Vergeltung erhalten kann.
Die Autoren Judith und Christian Vogt haben für ihren Steampunk-Roman eine ganz eigene Welt zu Zeiten des deutschen Kaiserreichs erschaffen. Aufgrund eines Vulkanausbruchs kam es zu einer neuen Eiszeit, die in der Geschichte seit bereits 800 Jahren andauert und ganz Nordeuropa in ihrem eisigen Griff gefangen hält. Schifffahrt ist auf den, von Eisschollen und ungünstigen Winden geprägten Meeren nur schwer möglich und erst die Erfindung der dampfbetriebenen Luftschiffe, die sowohl mit Helium als auch mit Wasserstoff gefüllte Kammern haben können, ermöglichte wieder Reisen über längere Wegstrecken. Elektrizität steckt, wie in den meisten Steampunk-Romanen, noch in den Kinderschuhen und die galvanische Primärzelle als Erfindung von Æmelie von Erlenhofen würde die Welt revolutionieren. 
Eine Liebesgeschichte oder vielmehr eine Hommage an die Liebe über den Tod hinaus ist dieser Roman und dabei stellenweise sehr ergreifend. Trotzdem driftet die Handlung nie in Kitsch oder Schnulze ab, sondern erzählt von den Erlebnissen, den Gefühlen und den Gedanken von Naðan von Erlenhofen, der die Stimme seiner Frau noch immer durch ihre Puppe Ynge hört und nicht loslassen will oder kann. Spannung und Action bleiben dabei ständige Begleiter der Leser, die mit Naðan zusammen Nachforschungen auf Æsta anstellen, in düstere Laboratorien eindringen oder auf Aluminiumschwingen aus Luftschiffen springen. So sind natürlich auch Luftschiffkämpfe ebenso wie Verrat und Verführung Elemente dieses großartigen Romans. 
Dieses Buch zählt nicht ohne Grund zu den Finalisten des Deutschen Phantastik-Preises 2013, dessen Preisverleihung am 12.Oktober stattfinden wird. Ein klare Leseempfehlung für jeden, der in eine ergreifende Steampunk-Welt abtauchen und mit Naðan fantastische Abenteuer erleben, faszinierende Bekanntschaften machen und in die Abgründe der menschlichen Seele blicken möchte.
Eine Anthologie unter dem Titel „Eis und Dampf“ mit Kurzgeschichten, die in dieser, hier beschriebenene Steampunk-Welt spielen sollen, ist aktuell in Planung und soll über Crowdfunding bei Startnext finanziert werden. Mehr als die Hälfte der Finanzierung ist bereits gesammelt worden. Für alle Interessierten hier nochmal hiermit ein Hinweis auf dieses unterstützenswerte Vorhaben.